von Michael Kreskowsky, Grünlichtenberg
Unsere Grünlichtenberger Dorfkirche trägt den Namen des Schutzpatrones der Kaufleute und Händler, St. Nikolaus (St. Nikolai), der im 4. Jahrhundert Bischof von Myra in Kleinasien war und Notleidenden half und Kinder beschenkte. Die Kirche wurde in der 2. Hälfte des 12. Jh. in Grünberg gegründet und war von Anfang an eine Pfarrkirche. Nach einer Legende wurde Grünberg ein Wallfahrtsort. Der „Heilige Teich“ im Pfarrgarten soll noch daran erinnern. Drei große Wallfahrten soll es damals jährlich gegeben haben und im Anschluss folgten die Jahrmärkte. Der Pfingstjahrmarkt ist bis über die Jahrtausendwende erhalten geblieben. Der Kirchturm wurde in den Jahren 1708 - 11 in der heutigen Form erbaut, d.h. auf den noch viel älteren Turm aus romanischer Zeit wurde ein barocker Dachreiter gesetzt. Der Turm ist reich gestaltet mit schwerem, oktogonalem Aufbau und quadratischem Aufsatz, welscher Haube und Laterne. Seitdem ist der Turm 45, mit Wetterfahne und Knopf 47 Meter hoch. Der Knopf wurde 1995 das letzte Mal geöffnet - darin fanden wir Urkunden aus den Jahren 1857, 1899 und 1950 sowie andere Zeitdokumente. (Am Ende dieser Abhandlung finden Sie die Urkundentexte dieser Urkunden.) Die Kirche ist mehrfach umgebaut worden, so 1726, das letzte mal 1863 durch Baumeister Oesterreich aus Rochlitz. Die alte Kirche, außer der Turm, wurde abgebrochen und ein neues Kirchenschiff gebaut. Die Kirchweihe fand, nach nur 10 Monaten Bauzeit, am 6. Januar 1864, dem Epiphaniastag bei klirrender Kälte (-15 Grad) statt. Der Epiphanias-Stern über dem Haupteingang erinnert noch heute an den Weihetag. Der Innenraum der Kirche mit einer hellen, flachen Putzdecke ist schlicht gehalten. Der Kanzelaltar könnte die Vermutung zulassen, sich in einer „Uhlig-Kirche“ zu befinden. Dies ist aber nicht so. Die Kirchen in Waldheim, Niederstriegis und Seifersbach sind ganz typische „Uhlig-Kirchen“ in unserer Gegend. Der Baumeister Oesterreich hat sich wohl sehr stark von Uhlig und der wiederum von dem Berliner Baumeister Karl Friedrich Schinkel beeinflussen lassen. Hinter dem Altar befinden sich vier korinthische Säulen, deutlich zu erkennen an dem korinthischem Kapitell, auch Akanthus-Kapitell genannt. Akanthus, ein Pflanzenornament nach dem Vorbild der Blätter zweier in den Mittelmeerländern heimischen Akanthusarten. Akanthusblätter bilden seit dem 4. Jh. v. Chr. das korinthische Kapitell. In unserer Kirche finden wir dieses Ornament immer wieder, z.B. an den obersten Emporensäulen, an der Orgel und am Taufstein. Die vier Säulen sind verbunden durch ein Gebälk, das sich über der Kanzel in der Mitte nach oben wölbt und von einem Kreuz bekrönt wird. Bei der letzten großen Renovierung im Jahre 1964 hat man im Altarraum einiges verändert. So wurden die zwei sich auf dem Kanzelaufbau befindlichen Büsten von Luther und Melanchthon, die Deckenmalerei und das Altarbild unter der Kanzel entfernt. Altar- und Kircheninnenraum werden von diesem an die Antike erinnernden Aufbau bestimmt. Überlegt wurden die Attribute christlichen Glaubens hineingearbeitet: Wort und Sakrament - Kanzel, Altar und Taufstein - alles in einer Linie und über allem steht das Kreuz Jesu. Der neue Taufstein wurde im Weihegottesdienst 1864 auch gleich in Gebrauch genommen. Ein Wort Jesu: „Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht!“ aus dem Markus-Evangelium ist seine Inschrift. Der alte Taufstein steht in der Sakristei. Er wurde aus Rochlitzer Porphyrtuff gearbeitet und stammt aus der Zeit der Renaissance. Er trägt die Inschrift: „Lasset die Kindtlein zu mit kommen vnd wehret ihnen nicht, den solcher ist das Reich Gottes. Marci 10. M R A M 1661“. Dieser Stein war bis 1863 in Benutzung und wurde danach viele Jahre als Blumenständer auf einem Grünlichtenberger Bauerngehöft benutzt bis er 1996 wieder in der Kirche aufgestellt wurde. Die Orgel auf der Westempore wurde in den Jahren 1866/67 als 21. Werk des aus Borstendorf bei Freiberg stammenden Orgelbauers Christian Friedrich Göthel eingebaut. Göthel wurde von seinen Zeitgenossen als „Silbermann nachstrebend“ bezeichnet. Das macht sich im Inneren der Orgel bemerkbar. Sie besitzt 21 Register (verschiedene Stimmen, z.B.: Flöten ...) die auf das Haupt- und Oberwerk, sowie auf das Pedal verteilt sind. Genau 1099 klingende Orgelpfeifen stehen dem Organisten beim Orgelspiel zur Verfügung. Ist die kleinste Pfeife aus Zinn nur wenige Millimeter groß, so mißt die größte Pfeife aus Holz fast 5 Meter. Die Orgelpfeifen im Prospekt (der verzierten Ansichtsseite der Orgel) waren ursprünglich aus Zinn, sie wurden Opfer des 1. Weltkrieges und wurden später durch Zinkblech ersetzt. Interessant ist auch, das diese Pfeifen nur zu ca. 75 % klingend sind, d.h. einige Pfeifen sind nur stumme Schmuckpfeifen. Die große Glocke im Kirchturm wurde 1483 in Halle gegossen. Die Glockeninschrift lautet: „O REX GLORIE. VENI. CUM. PACE. SANCTA. MARIA. ORA PRO NOBIS. ANNO DOMINI M.CCCC.L.XXX.III.“, die Übersetzung heißt soviel wie: „König der Ehre, Bitte um Frieden Heilige Maria. Im Jahre des Herrn 1483“. Während diese Glocke 1917 schon einmal vorm Einschmelzen bewahrt blieb, musste sie 1940 wiederum abgegeben werden. Gott sei Dank, wurde die 1500 kg schwere Glocke im Jahre 1950 auf dem Hamburger Glockenfriedhof gefunden. Die drei kleineren Glocken wurden 1968 in Apolda gegossen. Im Jahre 1934 wurde eine erste Ofenanlage in die Kirche eingebaut, die 1980 eine elektrische Fußheizung ablöste. Die Ofenanlage selbst wurde erst in jüngerer Zeit aus der Kirche entfernt. Unsere Kirchgemeinde besaß bis vor rund 100 Jahren viele wertvolle Kunstwerke von überregionaler Bedeutung. Ein fast überlebensgroßes Kruzifix aus dem 1. Viertel des 16. Jahrhunderts schmückte damals die alte Grünberger Dorfkirche. Um 1900 kam das Kruzifix an das Döbelner Altertumsmuseum. Restauriert kann man es heute im Museum der Burg Mildenstein in Leisnig besichtigen. Und ein Altarschrein aus dem Jahre 1431. Er soll der älteste datierte Altarschrein Sachsens sein und ist deshalb kunstgeschichtlich sehr wertvoll! Er ist nur 1,25 Meter breit und 1,20 Meter hoch und beinhaltet drei Heilige Frauen: die Jungfrau Maria mit dem nackten Jesus auf dem linken Arm, in der Mitte. Links die Heilige Barbara und zur rechten Seite eine unbekannte Heilige, da das Attribut fehlt. Im Jahre 1871 ist dieser Schrein mit anderen Kunstwerken nach Freiberg ins Altertumsmuseum, heute Stadt- und Bergbaumuseum, gekommen. Noch heute kann man diesen Altarschrein dort besichtigen, der zum „Tafelsilber“ des Museums zählt. Weitere Kunstwerke aus Grünlichtenberg können leider nicht besichtigt werden. Der erste evangelische Pfarrer war Simon Blum und kam 1552 nach Grünberg. Der Pfarrer Daniel Gregorius wurde während des 30-jährigen Krieges im Pfarrhaus ermordet. Ein weiterer Nachfolger, Pfarrer Karl Gottfried Lohdius starb in der Sakristei, mitten im Gottesdienst, auf dem Weg zur Kanzel und von 1758 bis 1830 war das Grünberger Pfarramt der Pfarrerfamilie Aster vorbehalten, die Pfarrstelle wurde zweimal vom Vater zum Sohn weitergegeben. Das Pfarrhaus, sowie der gesamte Pfarrhof wurde 1770 neugebaut. Das wahrscheinlich älteste Denkmal Grünlichtenbergs ist am rechten Seitengebäude, neben der Waschhaustür eingemauert. Eine aus Sandstein gearbeitete, stark verwitterte Jungfrau Maria. Am 1. Juni 2010 wurde ein neues Kirchensiegel in Gebrauch genommen, welches nun auch den vollständigen Namen der Kirchgemeinde beinhaltet. Schon im Kirchensiegel der "Kirche zu Grünberg" aus dem 18. Jahrhundert war eine Tanne zu sehen, jetzt vervollständigt mit dem Attribut des Heiligen Nikolaus: Bischofsstab, Bibel mit drei Goldstücken.
Historisches Ortsverzeichnis Grünlichtenberg
Historisches Ortsverzeichnis Grünberg (so hieß ein Teil von Grünlichtenberg bis 1844)
Historisches Ortsverzeichnis Reichenbach